Singapur gilt als kulturell vielfältigste und dichteste Metropole der Welt. Die tamilische Gemeinde begeht hier, zwischen buddhistischen und taoistischen Tempeln, Moscheen und Kirchen, aber auch zwischen Kolonialbauten und Wolkenkratzern jedes Jahr, wenn im zehnten Monat der Vollmond aufgeht ihr Hauptfest Thaipusam. Dann durchbohren sich die Anhänger Murugans ihre Haut mit Spießen, durchstechen ihre Zungen und Wangen, befestigen daran schwere Lasten und ziehen in einer langen Prozession durch die Straßenschluchten, um ihrem Gott Opfer darzubringen.
Südamerikas größte Favela wandelt sich: Am Vorabend der Fußball-Weltmeisterschaft dringt die Militärpolizei in Rio de Janeiros berüchtigtes Armenviertel Rocinha vor und sorgt dabei für mehr An- als Entspannung. Denn die Drogenbanden sind zwar vertrieben, doch die Bewohner fürchten sich nun umso mehr vor den staatlichen Schocktruppen und ihrem mißbräuchlichen Machtdemonstrationen. Zum Alltag in der Favela gehören jedoch nicht nur Willkür und Schikanen: Die Militärpolizei regiert hier mit körperlicher Gewalt, die bereits in Entführungen, Folter und sogar Mord gipfelte.
Auf den Gletschern und Auen zu fuße der Dolomiten kann man ein illustres Schauspiel beobachten – wenn man denn Glück hat: Wer genau hinschaut, kann eine Verzerrung in der Landschaft, einen vollverspiegelten, mannsgroßen Würfel entdecken, der dort wie das monolithische Relikt einer geheimnisvollen Kultur steht. Seine Herkunft ist freilich etwas profaner: Er beherbergt eine Camera obscura, die trotz ihres einfachen Prinzips mit komplizierter Technik ausgestattet ist, um metergroße Fotografien verschwindender Landschaften herzustellen. Christian Martinelli hat den Kubus gebaut; ich war für einen Tag sein Assistent.